Das Tier im Bier

August 10, 2023

Das Tier im Bier

Die Vermieter von Kerstins Großeltern hatten seinerzeit einen Rauhaardackel namens Charly.
Und Charly hatte ein Laster. Wann immer wir mit den Großeltern zum Grillen im Garten beisammen saßen, kam Charly irgendwann angedackelt. Er ließ sich streicheln und passte einen unbeobachteten Moment ab.
War dieser Moment gekommen, stieß er eine der Bierflaschen oder Gläser im Gras oder auf der Terrasse um und soff in atemberaubender Geschwindigkeit den austretenden Gerstensaft. Das Laster ging dabei soweit, dass jeder mit hochgezogenen Lefzen böse angeknurrt wurde, der es wagte, ihm das Bier wieder wegzunehmen. Wenn man also nicht höllisch aufpasste, war man nicht nur sein Bier los, sondern Charly hatte binnen kürzester Zeit einen sitzen. Er plumpste dann immer auf seinen Pöter, rülpste, und entschwand kurze Zeit später leicht schwankend wieder in Richtung Heimat.
Charly war Alkoholiker und das war alles andere als putzig oder witzig und schon gar nicht artgerecht.
Aber warum erzähle ich diese Geschichte?
Nun, gestern Abend saß ich auf der Welpentreppe (meinem meditativen Lieblingsplatz im Freigehege) und schaute unserer Rasselbande dabei zu, wie sie im Gehege umherrasselte und sich gegenseitig kleine Kalbsbrustbeinknochen abluchste. Neben mir auf dem Rasen stand eine Flasche leckeres Pale Ale.
Plötzlich vernahmen meine grauen Ohren ein ‚Schlabunz – Fschschschsch!‘.
Einer der Welpen hatte die Bierflasche umgeworfen und stürzte sich ohne großes Federlesen auf die ausgelaufene Hopfenkaltschale im Gras. Normalerweise reagieren die Kleinen schon sehr gut auf ein strenges ‚Nein!‘ gepaart mit einem leichten Handwischer, der sie auf die Seite legt, wenn sie mal wieder zu ungestüm in fremde Zehen beißen. Aber in diesem Fall waren Hopfen und Malz sprichwörtlich verloren. Immer und immer wieder rappelte die Welpe sich auf und machte sich erneut über die Bierlache im Gras her. Mittlerweile kamen auch die übrigen Gesellen angehoppelt und stürzten sich wie eine Horde pubertierender Pfadfinder auf das Bier. Sie abzuwehren war schlicht unmöglich. Wen ich vorne wegschob, der kam nach kürzester Zeit wieder von hinten dazu. Ich griff also zum Gartenschlauch und versuchte, das Bier wegzupülen. Auch das war den Kleinen ziemlich egal. Und selbst nachdem ich mehrere Minuten lang den Bereich um die Welpentreppe herum in ein Miniaturwoodstock verwandelt hatte, wurde noch begierig im Schlamm und in den Wasserlachen geschnuppert und geschleckt. Keine Sorge. Eine Alkoholvergiftung konnte ich vermeiden.
Was mich aber wirklich erschreckt hat war die Tatsache, wie angefixt die Welpen von dem Bier waren.
Welche Stoffe genau diesen Bierdurst auslösen werde ich vielleicht noch herausfinden.
Fakt ist jedoch, dass Bier und andere alkoholische Getränke absolut nichts für Hunde sind! Die Leber der Hunde kann Alkohol nicht abbauen und im schlimmsten Falle können Hunde schon bei verhältnismäßig geringen Mengen Alkohol ins Koma fallen oder sogar sterben. Also: Lasst euer Bier (oder andere Alkoholika) nicht in Reichweite des Hundes.
Ich werde mir an der Welpentreppe wohl einen Cupholder montieren müssen…